Pillars for the Bay of Shanghai

Pillars for the Bay of Shanghai, 2007
4 plaster panels (250 x 200 x 200 cm), 4 custom built wheel tables (80 x 72.8 x 45 cm), 16 custom made rods of silver plated steel turned lengthwise, inkjet-print on A4 paper, dimensions variable

Five plaster panels form a closed-off area, a pentagon, at the same time a kind of silo or tower. One can see inside through the gaps between them: on the floor there is a piece of paper showing, in postcard size, the skyline of the city of Shanghai, which is built into the sea. Around this element are grouped four wheel tables (specially made). On each of these, in turn, lie four rods of silver plated steel, each with a different shape (again specially made).

shown in:
“Schaustück, Schaustücke”, Kunstraum Neuruppin, Neuruppin, Germany (solo show, 2024)
“New Sundays”, Galerie du Jour agnès b., Paris, France (solo show, 2008)
“Robert Estermann. Manor Kunstpreis Luzern 2007”, Museum of Art Lucerne, Switzerland (solo show)

Bibliography:
Kunstmuseum Luzern, “Robert Estermann, Pleasure, Habeas Corpus, Motoricity. The Great Western Possible”, exhibition catalogue, Edition Fink, ISBN 978-3-03746-105-1, 2007, Zürich (monographical)
Daniel Kurjakovic, Uneigentliche Politik (DE) / Improper Thinking (EN),  “Robert Estermann, Pleasure, Habeas Corpus, Motoricity. The Great Western Possible”, exhibition
Schweizer Illustrierte, Kati Moser, “Der Pfahlbauer”, 20. February 2007, Zürich, pp. 75-76
Kunst-Bulletin, Niklaus Oberholzer, “Luzern: Robert Estermann im Kunstmuseum”, Mai 2007, Zurich, p. 71
Neue Zürcher Zeitung, sba., “In der Mausfalle”, 31. March 2007, Zurich, p. 52
Neue Luzerner Zeitung, Urs Bugmann, “Ich biete Reibungsflächen”, 21. March 2007, Lucerne, p. 43


 

Ausschnitt aus Uneigentliche Politik von Daniel Kurjakovic
in: Robert Estermann, Pleasure, Habeas Corpus, Motoricity. The Great Western Possible, ed. Susanne Neubauer, Kunstmuseum Luzern, edition fink, Zürich, 2007, ISBN 978-3-03746-105-1

Konkretisierung ohne Benennung und Vereinheitlichung von Bedeutung also. Man sehe sich Pillars for the Bay of Shanghai an. Der Titel scheint eindeutig: Pfähle für die Bucht von Shanghai. Ein architektonisches Unternehmen also? Eine Urbarmachung von Land? Beziehen sich die Begriffe buchstäblich auf das angedeutete Szenario? Oder bezeichnet der Titel eine Art Phantasie – ähnlich wie bei de Saussures Schema für Sprache von einer Phantasie gesprochen werden könnte, einer Spekulation mit Wahrscheinlichkeitswert, die das Feld der bisherigen Meinungen zum Thema umstülpt? Fünf Gipstafeln bilden bei Pillars for the Bay of Shanghai als «Wände» einen abgeschlossenen Bereich, ein Pentagon, zugleich eine Art Silo oder Turm. Durch die offen gelassenen Nahtstellen sieht man ins Innere: Am Boden liegt ein Blatt, auf dem in Postkarten grösse die Skyline der ins Meer hinaus gebauten Stadt Shanghai abgebildet ist. Um dieses Element herum sind vier Tischwagen gruppiert (Sonderanfertigungen). Auf diesen liegen wiederum je vier Stäbe aus versilbertem Stahl (erneut Sonderanfertigungen), die auf unterschiedliche Weisen quer zur Längsrichtung gedreht wurden, so dass sich unterschiedliche Profile ergeben (erneut ein Code, so wie Schlüsselprofile oder musikalische Partituren Codes darstellen). Ein Netz von Analogien oder scheinbaren Analogien umspannt die gesamte Anlage: Pfähle, Stäbe, zylindrische Elemente. Das verschwindend kleine Bild der Shanghaier Skyline ist so etwas wie ein Ort der Identifikation des Ensembles – zumindest man kann es so lesen. Als wäre die Installation eine Phantasie über eine abwesende Zone – den architektonischen Bereich des Untergrunds der Stadt – und die Art und Weise, wie sie sich in einer Installation realisiert, die zwischen Büro, Werkstatt, Modell und Muster für ein Gebäude hin- und herpendelt. Es ist damit auch eine Phantasie über Orte und wie Orte miteinander in Beziehung treten können: physische Orte der Produktion, psychische Orte der kulturellen Imagination. Dabei gibt es in dieser Installation so etwas wie einen nicht eindeutig bestimmbaren, einen tagtraumartigen Übergang von der Fläche auf einem Tischwagen hin zu einer architektonischen Gesamtkonzeption und wieder zurück in den haptischen Erfahrungsbereich mit Volumen, Gewicht und Struktur. Pillars for the Bay of Shanghai bildet nicht etwas ab, sondern funktioniert wie ein Ort, wo psychische und physische Verbindungen entstehen. Es handelt sich, wie Robert Estermann selbst sagt, um einen «künstlerischen Vorschlag für einen positiven Raum, der Mischungen und Kombinationen beinhaltet.»


 

Excerpt from Improper Thinking by Daniel Kurjakovic
in: Robert Estermann, Pleasure, Habeas Corpus, Motoricity. The Great Western Possible, ed. Susanne Neubauer, Kunstmuseum Luzern, Museum of Art Lucerne, edition fink, Zurich, 2007, ISBN 978-3-03746-105-1

The assignment of a concrete sense without denotation and simplification of meaning, then. Take a look at Pillars for the Bay of Shanghai (figs. pp. 10–14). The title seems pretty unambiguous. So it’s an architectural undertaking? Land reclamation? Do the terms refer literally to the scenario described? Or does the title refer to a kind of fantasy – just as Saussure’s diagram for language could be described as a fantasy, a speculation with a degree of probability, turning the range of previous opinions on the subject inside out? In Pillars for the Bay of Shanghai, five plaster panels, acting as “walls”, form a closed-off area, a pentagon, at the same time a kind of silo or tower. You can see inside through the gaps between them: on the floor there is a piece of paper showing, in postcard size, the skyline of the city of Shanghai, which is built into the sea. Around this element are grouped four wheel tables (specially made). On each of these, in turn, lie four rods of silver plated steel (again specially made), which are turned lengthwise at right angle in different ways to produce different profiles (once again, a code, just as key profiles or musical scores represent codes). A network of analogies or apparent analogies embraces the whole construction: pillars, rods, cylindrical elements. The vanishingly small picture of the Shanghai skyline is something like an identifying locus for the ensemble – or at least that’s how it can be read. As though the installation were a fantasy about an absent zone – the architectural sphere of the city’s foundation – and the way in which it is realised in an installation that alternates between office, workshop and maquette. Thus it is also a fantasy about places, and the ways in which places can stand in relation to one another: physical places of production, psychical places of cultural imagination. At the same time, this installation has something about it that is not unambiguously definable, a daydream-like transition from the surface of the wheel table to an overall architectural conception, and back to the haptic sphere of experience with volumes, weight and structure. Pillars for the Bay of Shanghai does not depict something, but works as a place where psychical and physical connections come into being. It is, as Robert Estermann himself says, an “artistic proposal for a positive space containing mixtures and combinations.”


 

Ausschnitt aus Ich biete Reibungsflächen von Urs Bugmann, Neue Luzerner Zeitung, 21. März 2007, Luzern

Leeres Machtzentrum – Technisch perfekt sind die silbern glänzenden Stahlstäbe, die auf Rolltischen rund um einen aus Gipsplatten gebauten Schrein liegen. «Pillars for the Bay of Shanghai», ist eine Art architektonischer Traum, die im Modell realisierte Suche nach den ideal gestalteten Pfeilern für Pfahlbauten in der Bucht von Schanghai. Im fünfeckigen Gelass, das durch die Lücken zwischen den Seitenwänden den Einblick ins Innere gewährt, ist nichts zu sehen als eine auf den Boden gelegte Postkartenansicht der Skyline von Schanghai.


 

Ausschnitt aus In der Mausefalle in Neue Zürcher Zeitung, sba., 31. March 2007, Zürich, p. 52

In «Pillars for the Bay of Shanghai» wird ein Turm gebildet, in dessen Grundfläche sich ein Inkjet der Bucht von Schanghai befindet. Unterschiedlich gedrehte, versilberte Stahlpfeiler liegen paarweise auf industriellen Tischwagen, die sich um den Turm anordnen. Die Arbeit hat etwas Klinisches, spielt aber gleichzeitig mit dem Unbewussten und diffusen Erinnerungen.


 

Ausschnitt aus Der Pfahlbauer von Kati Moser in Schweizer Illustrierte, 20. Februar 2007, Zürich, pp. 75-76

Er hat gut lachen, Robert Estermann, 36. Als Jugendlicher wollte der Luzerner Geld mit Stahlpfählen machen. Diese sollten morsche Holzpfosten asiatischer Häuser ersetzen. Daraus wurde nichts. Die Idee mit den Stahlstäben blieb und verwirklicht sich nun in der Installation Pfähle für das Shanghaier Becken. Sie ist demnächst im Kunstmuseum Luzern zu sehen. Robert Estermann, Träger des diesjährigen Manor Kunstpreises Luzem, erhält in den renommierten Hallen seine erste grosse Einzelausstellung. Jetzt steckt der Künstler mitten in den Vorbereitungen. In seinem Zürcher Atelier stapeln sich die Arbeiten.

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